Liebe Patientinnen und Patienten,

Viele Hörgeräteakustiker bieten zusätzlich zur Hörgeräteversorgung Hörtraining an. Einzelne Anbieter behaupten sogar, ein Hörtraining würde ein Hörgerät «ersetzen». Stimmt das?

Um mit der guten Nachricht zu beginnen: Ja, Hörtraining «nützt».
Und nun gleich die weniger gute Nachricht: Wenn Sie ein Hörgerät brauchen, dann wird sich auch durch ein Hörtraining nichts daran ändern.

Oder anders gesagt: Sie können Ihr Sinnesorgan, die Hörschnecke, nicht beeinflussen (Sie können sie nur prophylaktisch schützen). Die Funktionsfähigkeit Ihres Innenohres wird durch ein Training nicht besser.
Die kaputten Haarzellen lassen sich nicht wieder aufbauen wie ein Muskel, der sich (zum Beispiel nach einer Operation) zurückgebildet hat. Ein Hörtraining setzt nicht an der Hörschnecke an, sondern an der Verarbeitung der Hörsignale auf dem Weg ins Gehirn und in der Hörrinde selbst, sowie in zugeschalteten wichtigen Hirnarealen (Gedächtnis, Aufmerksamkeit). Was Sie trainieren können, ist Ihre Konzentration auf Geräusche, Ihre Fokussierung auf Laute und Ihre Merkfähigkeit von Worten. Sie machen mit einem Hörtraining das Gleiche wie ein Musiker oder ein blinder Mensch, die keine «besseren Hörschnecken» haben, sondern einfach besser trainiert sind, Laute wahrzunehmen und zu verarbeiten.

Also: Wenn Sie ein Hörgerät brauchen, dann schaffen Sie sich eines an. Dann beginnt das Training für Ihr Gehirn, auch wenn Sie gar nicht «bewusst trainieren» alleine dadurch, dass sich Ihr Gehirn auf das «Neue Hören» mit dem Hörgerät einstellen muss. Wenn Sie mehr tun möchten: Hören Sie ganz bewusst Musik (und versuchen Sie, die einzelnen Instrumente «herauszuhören»). Kaufen Sie sich Hörbücher (anstatt überwiegend den optischen Sinn mit Lesen oder Fernsehen zu trainieren). Horchen Sie beim Spazieren bewusst auf Naturgeräusche (Vogelgezwitscher, Grillenzirpen, Frosch-Gequake und «das Geräusch einer Schnecke beim Essen».)

Und wenn Sie Spass haben an einem organisierten Training (am Computer) und dafür auch Geld ausgeben möchten, dann fragen Sie Ihren Hörgeräteakustiker danach.
Viel Spass beim Trainieren!

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